Arbeitsmedizinische Vorsorge, G-Untersuchungen und Eignungsuntersuchung?
Immer wieder wird unter allen drei Begriffen fälschlicherweise dasselbe verstanden. Einer davon existiert sogar gar nicht mehr. Was es mit diesen Begriffen auf sich hat, haben wir für Sie einmal zusammengefasst.
Arbeitsmedizinische Untersuchung oder arbeitsmedizinische Vorsorge?
Häufig wird die Frage an die Berater von KUECK Industries herangetragen, welche arbeitsmedizinischen Untersuchungen eigentlich notwendig sind. Und mit dieser Frage fängt dann die Problematik an, denn die korrekte Antwort auf diese Frage lautet „keine“. Nur ist das die falsche Frage. Richtig müsste sie nämlich lauten: „Welche arbeitsmedizinischen Vorsorgen sind bei uns notwendig?“
Seit der Einführung der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV) im Jahr 2008 gibt es den Begriff „arbeitsmedizinische Untersuchung“ so nicht mehr. Der Gesetzgeber hat ganz bewusst den Begriff der „arbeitsmedizinischen Vorsorge“ neu eingeführt und in § 2 der Verordnung umfangreich definiert. Danach wird unterschieden in
- die Pflichtvorsorge, bei der Arbeitgeber die Beschäftigten zum Betriebsarzt schicken müssen und diese müssen den Termin dort wahrnehmen,
- die Angebotsvorsorge, bei der die Arbeitgeber den Beschäftigten den Termin mit dem Betriebsarzt anbieten müssen und diese können den Termin folgenlos ablehnen, und
- die Wunschvorsorge, die auf Wunsch der Beschäftigten bei bestimmten Tätigkeiten ermöglicht werden muss.
Die Verordnung grenzt ganz klar ab. Denn die arbeitsmedizinische Vorsorge dient der Beurteilung der individuellen Wechselwirkungen von Arbeit und physischer und psychischer Gesundheit auf den Menschen sowie der Früherkennung arbeitsbedingter Gesundheitsstörungen und ggf. auch der Feststellung, ob bei Ausübung einer bestimmten Tätigkeit eine erhöhte gesundheitliche Gefährdung besteht. Die arbeitsmedizinische Vorsorge beinhaltet zunächst einmal ein ärztliches Beratungsgespräch mit einer Anamnese einschließlich Arbeitsanamnese. Bei Bedarf kann eine körperliche oder klinische Untersuchung nach individueller Aufklärung und Beratung dazu gehören, sofern der Beschäftigte dem zustimmt.
Arbeitsmedizinische Untersuchung – Kurz und einfach:
Die vom Gesetzgeber geforderte arbeitsmedizinische Vorsorge besteht aus einem Arzt-Probanden-Gespräch. Eine körperliche Untersuchung, egal ob Hörtest, Sehtest oder Blutabnahme, ist vom Staat nicht vorgeschrieben und Bedarf der Einwilligung der Probanden. Willigt dieser in eine vom Arzt empfohlene Untersuchung nicht ein, hat die arbeitsmedizinische Vorsorge dennoch stattgefunden und der Arbeitgeber bekommt seine Vorsorgebescheinigung. Der Proband/ Beschäftigte hat daraus keinen Nachteil.
Maßgebend für die Ankündigung, Organisation und Durchführung der arbeitsmedizinischen Vorsorge sind die Arbeitsmedizinischen Regeln (AMR), veröffentlicht auf der Internetseite der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), nicht (mehr) die G-Grundsätze der Berufsgenossenschaften.
Die Eignungsuntersuchung ist keine arbeitsmedizinische Vorsorge
Nach § 2 Abs. 1 Nr. 5 sind Eignungsuntersuchungen kein Bestandteil der arbeitsmedizinischen Vorsorge. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) hat im Jahr 2018 ein Erläuterungspapier dazu herausgegeben, um Rechtsklarheit zu schaffen. Danach darf ein Arbeitgeber von einem Bewerber nur dann eine gesundheitliche Untersuchung verlangen, wenn dies in einer Rechtsvorschrift gefordert ist z. B. bei Piloten. Außerdem darf der Arbeitgeber den Abschluss eines Arbeitsvertrages nur dann an eine ärztliche Untersuchung knüpfen, wenn die Feststellung dazu erforderlich ist herauszufinden, ob der Stellenbewerber für die vom Arbeitgeber beschriebene Tätigkeit geeignet ist. Enge Grenzen sind hier durch § 26 Absatz 1 Satz 1 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) gesetzt.
In einem bestehenden Arbeitsverhältnis darf der Arbeitgeber den Nachweis der gesundheitlichen Eignung jedoch nur dann verlangen, wenn ein solcher Nachweis aufgrund einer Rechtsvorschrift, beispielsweise der Fahrerlaubnisverordnung, erforderlich ist. Im Einzelfall kann er eine Eignungsuntersuchung auch verlangen, wenn konkreten Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass Zweifel am (Fort-)Bestehen der Eignung des Beschäftigten im Hinblick auf seine Tätigkeit bestehen. Ein Beispiel: Ein Staplerfahrer erleidet während der Arbeit einen Krampfanfall.
Hinweis zur Eignungsuntersuchung:
Anlasslose Eignungsuntersuchungen dürfen nach Meinung des BMAS auch im Arbeitsvertrag nicht vereinbart werden. Und auch eine Betriebsvereinbarung muss sich an den vorgenannten Aspekten messen lassen. Auch eine Betriebsvereinbarung kann somit regelmäßig keine anlasslose routinemäßige Eignungsuntersuchung im laufenden Beschäftigungsverhältnis begründen.
Die anlasslose Anordnung einer Eignungsuntersuchung im Wege des arbeitgeberseitigen Direktionsrechts wiegt als nicht gerechtfertigter Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers besonders schwer und ist somit unzulässig. Die Ausübung des Weisungsrechts hat stets nach billigem Ermessen zu erfolgen (Arbeitsgericht Gelsenkirchen, 13.11.2018 – 5 Ca 993/18).
G-Untersuchungen gibt es nicht mehr
Die sogenannten G-Grundsätze für arbeitsmedizinische Untersuchungen sind durch die DGUV zurückgezogen worden. G20, G25, G37 oder G41 beispielsweise haben spätestens seit August 2022 keine empfehlende oder gar verbindliche Wirkung mehr. G20 für Lärm und G37 für Bildschirmarbeit konnten sicherlich noch hilfsweise für entsprechende arbeitsmedizinische Vorsorgen herangezogen werden.
Eignungsuntersuchungen wie G25 „Fahr-, Steuer- und Überwachungstätigkeit“ oder G41 „Arbeiten in der Höhe“ sind reine Eignungsuntersuchungen. Eignungsuntersuchungen im laufenden Beschäftigungsverhältnis bedürfen einer ausreichenden Ermächtigungsgrundlage (s.o.). Und: „Der Arbeitgeber sollte ein arbeitsmedizinisches Institut zur Durchführung der Eignungsuntersuchungen sorgfältig aussuchen. An seine Auswahl und das Ergebnis der Untersuchung ist er grundsätzlich gebunden.“ – darauf weist zum Beispiel die BG BAU hin.
Empfehlungen für die arbeitsmedizinische Vorsorge
Als Nachfolge der G-Grundsätze hat die DGUV „Empfehlungen für die arbeitsmedizinische Vorsorge“ herausgegeben. Der Schwerpunkt liegt jetzt auf der gesetzlich geregelten arbeitsmedizinischen Vorsorge. Darin werden unter anderem Hinweise zur Durchführung von Beratungen bzw. bei Bedarf auch Untersuchungen im Rahmen von Eignungsbeurteilungen gegeben.
Diese Empfehlungen basieren nach Angabe der DGUV auf dem allgemein anerkannten Stand der Arbeitsmedizin und besitzen keine Rechtsverbindlichkeit. Sie geben lediglich Hinweise im Sinne von „best practices“ und lassen den Betriebsärzten den erforderlichen Spielraum, die Beratungen und ggf. Untersuchungen zusammen mit dem Probanden sinnvoll zu gestalten.
Fazit
G-Untersuchungen sind Geschichte, die G-Grundsätze wurden zurückgezogen. Es gibt die arbeitsmedizinische Vorsorge und Eignungsuntersuchungen. Anlässe für arbeitsmedizinische Vorsorgen sind klar in der ArbMedVV geregelt. Anlasslose Eignungsuntersuchungen (wie G25 oder G41) hingegen sind unzulässig.
Haben Sie noch Fragen? Die Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit von KUECK Industries beraten Sie jederzeit gerne zu diesen Themen. Sprechen Sie uns an oder stellen Sie uns Ihre Frage unter unserem Blog.
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