Skip to main content

URTEIL: Abdeckung der Windschutzscheibe im Winter kein Arbeitsunfall

|
Wie unterschiedlich die Rechtsprechung zu Arbeits- und Dienstunfällen sein kann zeigen zwei Gerichtsentscheidungen. In beiden Fällen ging es im Kern darum, dass die verunfallte Person im Winter eine Abdeckung von der Windschutzscheibe entfernen wollte bzw. angebracht hat. In beiden Fällen kam es zu einem Unfallereignis und die jeweils betroffene Person verlangte die Anerkennung als Wegeunfall.
Fall 1 – der Dienstunfall

An einem Tag im Dezember verließ eine Mitarbeiterin der Finanzverwaltung um 5:45 Uhr ihr Haus, um zur Arbeit zu fahren. Sie hatte die Windschutzscheibe ihres Fahrzeugs mit einer Frostschutzplane abgedeckt. Beim Entfernen dieser Plane rutschte sie auf der schneebedeckten, glatten Straße aus und stürzte. Der Sturz führte zu einem Trümmerbruch im Oberschenkel und einem Schulterbruch. Sie meldete diesen Unfall als Dienstunfall auf dem Weg zur Arbeit ihrem Arbeitgeber.

Der Arbeitgeber lehnt die Anerkennung ab, da das Entfernen der Plane eine eigenwirtschaftliche Tätigkeit sei, die nicht im Interesse des Arbeitgebers erfolge. Das sah das Verwaltungsgericht Kassel in seiner Entscheidung vom 01.11.2021 (1 K 792/20.KS) anders. Es kam zu der Auffassung, dass das Entfernen einer Abdeckplane von der Windschutzscheibe eines Pkw unmittelbar vor dem Starten des Pkw keine wesentliche, den notwendigen Zusammenhang mit dem Dienst unterbrechende eigenwirtschaftliche Tätigkeit darstelle. Der Dienstgeber wurde dazu aufgefordert, seinen ablehnenden Bescheid aufzuheben und den Dienstunfall anzuerkennen. Das Urteil ist wegen der Kosten als vorläufig vollstreckbar ergangen.

Fall 2 – kein Arbeitsunfall

Die Klägerin knickte im Januar 2019 mit dem rechten Fuß um, nachdem sie auf dem Weg zur Arbeit ihr Kraftfahrzeug verlassen hatte. Sie wollte den weiteren Weg zur Arbeit zu Fuß fortzusetzen. Dabei zog sie sich einen Sprunggelenksbruch zu. Der Durchgangsarzt hatte in seinem Bericht notiert, dass die Klägerin nach der Ankunft zur Nachtschicht das Auto abgeschlossen und sei auf einen Stein getreten, als sie das Auto habe abdecken wollte.

Die zuständige Unfallversicherung lehnte mit Bescheid die Anerkennung als Wegeunfall ab. Dagegen legte die Betroffene Einspruch ein und klagte schließlich vor dem Sozialgericht. Dieses gab der Klage im Juli 2020 statt.

Dagegen legte die Unfallversicherung Revision vor dem Landessozialgericht Sachsen-Anhalt ein. Diese gab mit seiner Entscheidung vom 14.12.2022 (L 6 U 61/20) der Revision statt und hob das erstinstanzliche Urteil auf. Seine Begründung lautet unter anderem:

1. Stellt ein Versicherter auf dem Arbeitsweg sein Kraftfahrzeug ab, um den Weg zu Fuß fortzusetzen, ist die zwischenzeitliche Anbringung einer Frostschutzmatte auf der Frontscheibe eine privat nutzende Unterbrechung des Arbeitsweges.

2. Der Arbeitsweg ist noch nicht wieder angetreten, wenn der Versicherte nach dem Anbringen der Frostschutzmatte vom Kraftfahrzeug zurücktritt.

Fazit: Es kommt immer auf den Einzelfall an.

Die Berater von KUECK Industries können Ihnen bei der Abgabe von Unfallmeldungen helfen. Fakten sind aber Fakten und müssen solche bleiben. Im Einzelfall bleibt der betroffenen Person dann nur der Weg zum Sozialgericht. Erstinstanzlich besteht kein Anwaltszwang. KI aktuell rät dennoch dazu, sich im Bedarfsfalle durch einen Fachanwalt beraten zu lassen.

Schreiben Sie einen Kommentar

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert